"Education first, Sport second" - Sport hat mehr zu bieten als den Spitzensport. Im Gespräch mit One Team.

Wir kamen durch einen Volunteer-Job beim Velux EHF Final Four (Handball) in Köln in Kontakt mit Maria, sie arbeitet für One Team, ein Social Startup aus Frankfurt das Sportprojekte weltweit fördert. Wir waren direkt an den Projekten interessiert und hatten die Idee ein Interview zu führen und damit dieser vielversprechenden Organisation eine Plattform zu bieten, um sich selbst vorzustellen. Die Welt des Sports ist angewiesen auf die Vernetzung untereinander, auch wenn man ursprünglich vielleicht aus unterschiedlichen Sportarten stammt. Bisher haben wir uns vermehrt auf die professionelle Ebene konzentriert, aber Sport hat natürlich viel mehr als das zu bieten und kann Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützen. Das haben wir selbst als Aktive in der Jugend erfahren dürfen und möchten daher, mit diesem Interview, unseren Beitrag zur Unterstützung der Entwicklungszusammenarbeit leisten.
Das durch Crowdfunding, Unternehmenskooperationen und Spenden finanzierte Social Startup aus Frankfurt hat die Vision: “Kindern und Jugendlichen weltweit den Zugang zu Sport zu ermöglichen und damit Bildung, Gesundheit und Gleichberechtigung zu fördern”. Wir haben mit Maria von One Team sprechen dürfen und möchten euch im Folgenden die Arbeit der Organisation etwas näherbringen.

JL Sports: Hallo Maria, erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, uns ein paar Fragen zu beantworten und einen kleinen Einblick in eure Arbeit zu geben. Ihr seid noch ein sehr junges Startup und wurdet erst vergangenes Jahr gegründet. Wie sieht deine bzw. eure Arbeit vor Ort aus und in welcher Form unterstützt ihr die Organisationen?

Maria (One Team): Sehr gerne. Ich freue mich, dass ihr auf uns zugekommen seid. Unsere Arbeit besteht vereinfacht gesagt aus zwei Säulen: Fundraising in Deutschland und Kommunikation mit unseren Partnerprojekten. Hier in Deutschland entwickeln wir stetig neue kreative Ideen, um Geld für unsere Partnerprojekte zu generieren. Dies beinhaltet die Ansprache von Unternehmen, Kooperationen mit Vereinen, die Bewerbung um Fördergelder, eigene Veranstaltungen, die Präsenz bei Großveranstaltungen, wie beim Frankfurter Halbmarathon oder kleine Aktionen wie zum Beispiel ein Tippspiel zur WM. Das alles sind Aspekte, die hier in Deutschland ablaufen. Die zweite Säule beinhaltet die Kommunikation mit den Partnerprojekten im Ausland: Die gemeinsame Entwicklung von Ideen für Sportprojekte vor Ort, die Logistik in Bezug auf den Transport von Sachspenden, Infos und Berichte aus den Projekten einholen, damit unsere Spender in Deutschland wissen, dass ihre Spende gut ankommt. Unsere Arbeit ist sehr vielseitig und daher sehr spannend. Unsere Partnerprojekte weltweit unterstützen wir finanziell oder durch Sachspenden. Dabei beraten wir sie natürlich und sprechen uns mit ihnen ab.

Euer Team besteht aus Ehrenamtlichen mit Erfahrungen in sozialen Projekten. Was war der Anlass für Benjamin Pahlich diese Organisation zu gründen?

Ben arbeitet seit vielen Jahren für die SOS-Kinderdörfer weltweit und war unter anderem in Äthiopien, Togo und Ruanda tätig. Dort hat er Sport als ein Mittel zur Förderung von entwicklungspolitischen Zielen kennengelernt und war begeistert von der Reichweite und der Wirkung, die Sport auf Kinder und Jugendliche hat. Jetzt hat er den Schritt gewagt, eine eigene NGO zu gründen, die genau das unterstützt.

Was waren die ersten Schritte und die größten Herausforderungen zu Beginn?

Die größte Herausforderung zu Beginn, war die Entwicklung einer konkreten Struktur und Vision. Was genau wollen wir erreichen? Wie wollen wir das erreichen? Was ist unsere „Unique Selling Proposition“? Darauf folgte die Frage, wie genau wollen wir Geld generieren. Dieser Herausforderung stehen wir stetig gegenüber.


Du bist zurzeit gerade bei einem Projekt in Honduras. One Team hat noch weitere Projekte u. a. in Ruanda und Tansania. Welche Kriterien waren entscheidend bei der Auswahl der Länder und wie kam der Kontakt zu den Partnerorganisationen in den verschiedenen Ländern zustande?

Ein Hauptkriterium für die Auswahl der Projekte ist, dass sie neben dem Sport, weitere soziale Entwicklungsziele verfolgen. Es sind also Projekte aus dem Bereich „Sport für Entwicklung“. Sport wird als ein Instrument genutzt, um Kinder zu erreichen und ihnen wichtige Themen zu vermitteln: Bildung, Gesundheit oder Gleichberechtigung. Die Auswahl der Projekte kommt über bereits bestehende Kontakte und über unser Netzwerk zustande. Alle Projekte müssen zudem vorab ein Proposal ausfüllen, mit Angaben darüber, wie sie das Geld verwenden wollen, und wie genau in ihrem Projekt Sport zu sozialer Entwicklung beiträgt. 

Eure Organisation unterstützt Sportprojekte, um Kinder und Jugendliche weltweit unter verschiedenen Gesichtspunkten zu unterstützen. Wieso habt ihr den Bereich Sport gewählt? Worin seht ihr als Organisation den Mehrwert von Sport, um eure Ziele zu erreichen?

Wie du einleitend selbst festgestellt hast: Sport hat mehr zu bieten als den Spitzensport. Sport hat eine unglaubliche Kraft, Menschen mitzureißen, zu begeistern und zu motivieren. Im Sport begegnet man wertvollen Vorbildern. Man lernt Aspekte wie Disziplin, Durchhaltungsvermögen und Teamgeist. Man lernt spielerisch mit Niederlagen und Siegen umzugehen. All diese Aspekte und noch viele mehr stellen den Mehrwert von Sport dar. Nicht umsonst hat die UN Sport als einen „important enabler of sustinable development“ anerkannt. Ich selbst habe maßgeblich vom Sport profitiert. Ich durfte eine Vielzahl von Sportentwicklungsprojekten kennenlernen und bin der Meinung, es gibt keine bessere Art und Weise Menschen zu begegnen und ein friedliches Miteinander zu fördern.

Mit Beachvolleyball und Skateboard unterstützt ihr u. a. Sportarten, die zumindest in Deutschland nicht als Sportart Nr. 1 gelten. Gibt es Gründe, warum genau diese (Rand-) Sportarten und nicht z.B. Handball oder Basketball gewählt wurden?

Wir sind grundsätzlich offen für alle Sportarten. Wichtig ist uns, dass wir nicht nur Fußballprojekte fördern. Hier gibt es bereits eine Vielzahl an Förderorganisationen. Teamsportarten eignen sich gut im Rahmen von Sportentwicklungszusammenarbeit, da sie von Natur aus Teamgeist fördern. In Tansania unterstützen wir bereits Fußball und in Namibia haben wir gerade eine Zusammenarbeit mit der Basketball Artist School in Windhoek gestartet. Eine Kooperation mit einem Handballprojekt würde ich mir als Handballerin natürlich wünschen. Hier stehen erste Ideen und Kontakte im Raum. Das werden wir im nächsten Jahr hoffentlich konkretisieren und in die Tat umsetzen.


Ihr seid als deutsches Team in den verschiedenen Ländern aktiv. Wie ist Vorort die Kommunikation geregelt? Habt ihr Sprachkurse absolviert oder arbeitet ihr z.T. mit Dolmetschern?

Die Kommunikation läuft hauptsächlich auf Englisch oder in Honduras, teilweise auf Spanisch. Alle wichtigen Dokumente besitzen wir in drei Sprachen. In der Tat, die Sprachbarriere kann eine Herausforderung sein. Damit muss man aber rechnen, wenn man in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig ist. Auf Führungsebene gibt es meist jemanden, der Englisch spricht.

Ihr sprecht in eurem Video auf der Crowdfunding-Seite von den Problemen mit denen Kinder und Jugendliche, beispielsweise in Honduras, zu kämpfen haben. Wie waren die ersten Reaktionen vor Ort, als ihnen der Zugang zu Sport möglich gemacht wurde?

Die Organisationen, die wir fördern, bestehen bereits und leisten ihre Arbeit vor Ort. Mit unserer Förderung werden neue Inhalte oder kleine Projekte innerhalb des bestehenden Programms gefördert oder gestartet. Diesbezüglich waren die Reaktionen der Mitarbeiter vor Ort positiv. Hier in Honduras kriege ich das natürlich live mit und freue mich, über die Rückmeldung der Programmleiter und der Kinder. Solche Begegnungen und Rückmeldungen sind genau das, was uns motiviert.

Im Video wird gesagt, dass wöchentlich Trainings durchgeführt werden, die durch Workshops zu Erlernung von z.B. Alltagskompetenzen ergänzt werden. Wie läuft es daher genau vor Ort ab? Gibt es einen festen Wochen- oder Monatsplan?

Die meisten Organisationen besitzen einen geregelten Wochen- und Monatsplan. Danach fragen wir auch in dem Proposal, welches die Organisationen vorab ausfüllen müssen. Allerdings agieren sie autark. Wir wollen hier wenig Einfluss nehmen. Sie kennen die lokale Realität, die Herausforderungen vor Ort und die Bedürfnisse der Kinder am besten. Wir beraten aber und entscheiden mit, wofür unsere Unterstützung verwendet wird.
Hier in Honduras werden beispielsweise sechs Volleyballtrainings pro Woche durchgeführt. Zusätzlich finden ca. einmal im Monat Workshops zu Themen wie Umweltschutz, HIV-Prävention oder Gesundheit statt. Es gilt das Prinzip „Education first, Sport second“: Nur wer zur Schule geht, darf an dem Programm teilnehmen.


Ihr habt euch, wie bereits erwähnt, durch eine Crowdfunding-Aktion finanziert. Wie waren die Erfahrungen mit dem Konzept?

Nicht all unsere Einnahmen stammen aus der Crowdfunding-Kampagne, aber ein Großteil. Die Zeit während der Kampagne war sehr nervenaufreibend. Man muss rund um die Uhr kommunizieren, sein Netzwerk aktivieren und proaktiv Leute ansprechen. Höfliche Hartnäckigkeit zahlt sich aus.

Noch weiter zum Thema Crowdfunding: Wie war der generelle Ablauf des Crowdfundings, auch was die Partnersuche (Waldhof Mannheim etc.) angeht?

Als erstes musste unsere Crowdfundingseite erstellt werden. Dies beinhaltete eine Beschreibung der Kampagne sowie die Erstellung eines Kampagnenvideos. Wir hatten Glück, dass zu diesem Zeitpunkt Besuch aus Honduras da war. So konnte der Gründer unserer Partnerorganisation beim Videodreh dabei sein. Zusätzlich mussten wir Sponsoren und Prämien an Land ziehen. Hier haben wir auf unser Netzwerk und persönliche Kontakte aus Sport, Entwicklungszusammenarbeit und der Frankfurter Szene bauen können. So sind strategische und langfristige Partnerschaften entstanden.
Wir bekamen Unterstützung von Vereinen (United Volleys Frankfurt, Frankfurt Universe, Waldhof Mannheim), Unternehmen (Outfitter) und Persönlichkeiten aus dem Sport. Auch nach der Kampagne arbeiten wir mit diesen Partnern und wollen das auch in Zukunft weiter ausbauen. Es war wirklich toll, soviel Unterstützung und positives Feedback von unseren Partnern zu bekommen. Ohne sie, wären wir nicht, wo wir jetzt sind. Wir sind sehr dankbar.


Wir wollen gemeinsam mit dir und One Team in die Zukunft blicken. Was ist das langfristige Ziel der Organisation? Werdet ihr den Weg weitergehen mit Hilfe von Crowdfunding bestehende Projekte zu unterstützen? Oder habt ihr vor euch langfristig selbst finanzieren zu können um möglicherweise eigene Projekte durchzuführen?

Langfristig wollen wir eine nachhaltige und stabile Finanzierung erreichen. Ein Ziel ist dabei, die Kooperation mit Unternehmen auszuweiten. Crowdfunding, Spenden und die Beantragung von Fördergeldern werden wir weiterhin verfolgen. Des Weiteren wollen wir unser Partnernetzwerk im Sport weiter ausbauen. Vielleicht unterstützen wir irgendwann auch ein Projekt in Deutschland, denn auch hier gibt es Bedarf, Kindern und Jugendlichen durch den Sport Perspektiven zu eröffnen.

Vielen Dank, dass wir uns über euren Blog vorstellen können. Wie du gesagt hast, im Sport zählt das Netzwerk. Ich freue mich sehr, dass du auf mich zugekommen bist und wünsche eurem Blog weiterhin viel Erfolg.

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